Rückenschmerzen sind ein Volksleiden – doch wenn selbst kurze Gehstrecken zur Herausforderung werden, steckt mehr dahinter als bloße Abnutzung. Eine mögliche Ursache: die Spinalkanalstenose, eine häufige, aber oft zu spät erkannte Erkrankung der Wirbelsäule. In einem Interview mit DDr. Manuel Mrfka, Facharzt für Neuro- & Wirbelsäulenchirurgie mit Ordinationen in Graz und Mürzzuschlag, sprechen wir über Symptome, Risiken und moderne Behandlungsmethoden – und warum frühes Handeln entscheidend ist.
Was ist eine Spinalkanalstenose?
„Die Spinalkanalstenose ist eine Verengung des Nervenkanals in der Wirbelsäule“, erklärt DDr. Manuel Mrfka. „Unsere Nerven verlaufen vom Gehirn über die gesamte Wirbelsäule zu Armen, Beinen und Organen. Wird dieser Kanal enger, geraten die Nerven unter Druck – mit gravierenden Folgen für die Betroffenen.“ Die Verengung tritt meist in der Lendenwirbelsäule auf, seltener in der Halswirbelsäule.
Die Ursache? „Nicht ganz klar“, so der Facharzt. „Es betrifft vor allem Menschen ab dem 50. Lebensjahr. Unser Körper ist nicht für ein so hohes Alter gebaut, die Wirbelsäule beginnt zu degenerieren.“ Die Folge sind Bandscheibenschäden, Lockerungen der Bänder und eben diese bedrohliche Enge im Spinalkanal.
„Viele Patienten kommen zu spät – dann, wenn sie kaum noch ein paar Meter gehen können.“
DDr. Manuel Mrfka
Verbreitung und Risikogruppen
Überraschend: Eine klare Risikogruppe gibt es nicht. „Egal ob Bürojob, Handwerker oder Spitzensportler – die Erkrankung kann jeden treffen“, betont DDr. Mrfka. „Junge Patienten sind selten betroffen, aber wir sehen sie auch in der Praxis. Meistens ist es aber ein Phänomen des Alters.“
Typische Symptome
Das Leitsymptom: Wegstreckenverkürzung. „Die Patienten können keine längeren Strecken mehr gehen. Die Beine werden schwer, krampfen oder beginnen zu schmerzen. Viele beschreiben ein Engegefühl, als ob ein Schraubstock den Rücken zusammendrückt“, schildert DDr. Manuel Mrfka.
Typisch sei auch ein nach vorne übergebeugter Gang – einige Betroffene nutzen automatisch einen Rollator zur Entlastung. In der Halswirbelsäule treten zusätzlich Gangunsicherheit, Gefühlsstörungen in den Armen oder plötzliches Fallenlassen von Gegenständen auf.

Häufig übersehen – oft jahrelang falsch behandelt
„Viele Patienten kommen zu spät “, sagt DDr. Manuel Mrfka. Der Grund: Die Erkrankung bleibt lange unerkannt oder wird mit anderen Diagnosen verwechselt – etwa der sogenannten Schaufensterkrankheit, Rheuma oder Hüftproblemen.
„Oft wird jahrelang mit Spritzen und Infusionen behandelt – ohne genaue Bildgebung“, ergänzt der Wirbelsäulenspezialist. „Dabei ist ein MRT der entscheidende Schritt zur Diagnosesicherung. Nur mit einer Magnetresonanztomografie können wir eindeutig feststellen, ob tatsächlich eine Spinalkanalverengung vorliegt – und wie ausgeprägt sie ist.“ Das sei besonders wichtig, denn: „Die Spinalkanalstenose verschwindet nicht von allein – sie wird nur schlimmer.“
Behandlung: Konservativ oder operativ?
Zu Beginn sind konservative Maßnahmen sinnvoll. DDr. Mrfka: „Bei leichten Formen helfen gezielte, bildgebend gesteuerte Infiltrationen – sogenannte Facettendenervierungen – oft sehr gut.“ Diese minimalinvasiven Verfahren lindern die Schmerzen deutlich – manchmal für bis zu ein Jahr. Reicht das nicht aus oder ist die Einengung bereits fortgeschritten, rät der Wirbelsäulenchirurg zur Operation: „Ich empfehle den Eingriff nicht leichtfertig, aber wenn man keine fünf Meter mehr gehen kann, ist es eigentlich schon zu spät für konservative Therapie.“
Minimalinvasive Operation
“Die moderne Wirbelsäulenchirurgie ist heute hochpräzise und risikoarm”, so der Facharzt.
Operationsdauer: 25–40 Minuten
Zugang: über kleine Hautschnitte (2–5 cm), mikrochirurgisch unter dem OP-Mikroskop
Narkose: Vollnarkose für maximale Sicherheit
Krankenhausaufenthalt: Nur 2 Tage
Mobilisierung: Bereits am OP-Tag möglich
„Viele spüren direkt nach dem Eingriff eine enorme Erleichterung. Die Schmerzen sind deutlich geringer oder ganz weg, die Lebensqualität steigt sofort“, erzählt DDr. Manuel Mrfka.
Versteifung – weniger schlimm als gedacht
Wenn sich zusätzlich zur Spinalkanalstenose ein sogenanntes Wirbelgleiten (Spondylolisthesis) entwickelt, kann eine Versteifungsoperation notwendig werden. Dabei wird die Wirbelsäule im betroffenen Bereich stabilisiert, um Schmerzen zu lindern und weiteren Verschleiß zu verhindern.
„Das Wort ‚Versteifung‘ löst bei vielen Patienten erst einmal Angst aus“, erklärt DDr. Mrfka. „Doch moderne Techniken ermöglichen heute minimalinvasive Eingriffe mit kleinen Hautschnitten und sehr kurzer Erholungszeit.“ Im Gegensatz zu früheren Verfahren muss die Rückenmuskulatur kaum noch großflächig abgelöst werden – das senkt die Schmerzbelastung nach der Operation deutlich.
Auch die Vorstellung, danach im Alltag eingeschränkt zu sein, ist meist unbegründet. „Selbst sportlich aktive Menschen kehren nach der Operation vollständig in ihr gewohntes Leben zurück“, so der Experte. Ein Beispiel aus seiner Praxis: „Ich betreue sogar Triathleten, bei denen zwei Wirbel versteift wurden – sie trainieren und leben völlig beschwerdefrei.“
Fazit
„Nicht warten – abklären lassen!“, lautet der dringende Rat des Facharztes. Wer länger als 2–3 Wochen Beschwerden beim Gehen oder Rückenschmerzen hat, sollte sich an einen Spezialisten wenden. Denn:
„Je früher erkannt, desto besser behandelbar. Zu langes Zuwarten kann zu bleibenden Nervenschäden führen – besonders im Bereich der Halswirbelsäule”, sagt DDr. Manuel Mrfka.

