Eine ausgekugelte Schulter ist kein harmloser Zwischenfall. Wer einmal eine Schulterluxation erlebt hat, trägt ein hohes Risiko für wiederkehrende Verrenkungen – vor allem bei sportlich aktiven Menschen. Dr. Philipp Schultes, Orthopäde und bekannter Schulterspezialist in Salzburg, erklärt, wie Schulterinstabilität entsteht, worauf es bei der Behandlung ankommt und wann eine Operation sinnvoll ist.
Sturz, Sport oder Alltag: Wie eine Schulter verrenkt
Der medizinische Fachbegriff für eine verrenkte Schulter lautet Schulterluxation. Besonders gefährdet sind junge Männer unter 30, etwa beim Skifahren, Fußball oder Radfahren. „Aber auch im höheren Alter können Bagatellbewegungen zur Luxation führen – meist bei vorbestehenden Sehnenschäden“, so Dr. Schultes.
Unterschieden wird zwischen akuten, chronischen und funktionellen Formen der Instabilität. Bei einer akuten Luxation ist es entscheidend, rasch zu handeln: „Der Arm muss bis zur Reposition möglichst ruhig gestellt und mit Röntgen vor dem Wiedereinrenken exakt abgeklärt werden“, sagt der Schulterspezialist. Gewaltvolles Ziehen am Arm, wie in Filmen oft gezeigt, kann massive Schäden verursachen.
„Unbehandelt beträgt das Risiko für eine zweite Luxation bei unter 25-Jährigen bis zu 75 %.“
Dr. Philipp Schultes
Moderne Diagnostik ist Pflicht
Nach der Einrenkung folgt eine gezielte Abklärung: „Eine MRT-Untersuchung ist heutzutage Standard, um Weichteilschäden zu erkennen. Bei Verdacht auf knöcherne Beteiligung kombiniere ich das immer mit einem CT. Nur so kann eine präzise Entscheidung getroffen werden, ob konservativ behandelt oder operiert werden muss”, erklärt Dr. Philipp Schultes.
Minimalinvasiv statt monatelang eingeschränkt
Die gute Nachricht: Durch moderne arthroskopische OP-Techniken lassen sich viele Schulterinstabilitäten heute schonend behandeln. „Ein sogenannter Kapsel-Labrum-Repair dauert bei mir meist nicht länger als 30 Minuten“, so Dr. Schultes. Dabei werden abgerissene Gelenkstrukturen mit Fäden und Knochenankern wieder fixiert. Auch komplexere Verletzungen lassen sich mittlerweile arthroskopisch versorgen – inklusive Knochenfragmenten (Bony-Bankart) oder Sehnenumlagerung (Remplissage).
Für besonders schwere oder wiederkehrende Fälle mit großem Knochendefekt gibt es bewährte Verfahren wie die Latarjet-OP oder den Beckenkammspan. Damit können auch Patient:innen mit chronischer Instabilität wieder zu schmerzfreiem Alltag und Sport zurückfinden.
Rehabilitation: Individuell & stufenweise
Nach einer OP ist eine individuell abgestimmte Reha essenziell. „In den ersten vier Wochen tragen die Patienten eine Schlinge, dürfen aber unter Anleitung bereits physiotherapeutisch arbeiten. Ab der fünften Woche darf schmerzfrei bewegt werden – richtiger Kraftaufbau erfolgt später.“ Sportfähigkeit besteht nach ca. 10–12 Wochen, Kontaktsport ist für sechs Monate tabu.
Dr. Philipp Schultes betont aber auch: Nicht jede Schulterluxation muss operiert werden. „In bestimmten Fällen erzielt man mit konservativer Therapie, Orthesen und gezieltem Muskelaufbau sehr gute Ergebnisse – sofern die Schulter strukturell stabil ist.“
Spezialfall: Funktionelle Schulterinstabilität
Es gibt auch Patient:innen, deren Schulter nicht durch Riss oder Bruch, sondern durch funktionelle Probleme instabil ist – meist hinten. „Hier sind Operationen nicht nur nutzlos, sondern oft schädlich“, warnt Dr. Schultes. Die Lösung: spezielle Physiotherapie in Kombination mit einem sogenannten Schulterschrittmacher, einem Elektrostimulationsgerät zur Aktivierung der Muskulatur.
Fazit
Schulterinstabilität ist komplex und kann unbehandelt zu gravierenden Folgeproblemen führen. Dr. Philipp Schultes rät allen Patient:innen, nach einer Schulterluxation frühzeitig eine fundierte Abklärung bei einem erfahrenen Schulterchirurgen durchführen zu lassen – um dauerhafte Schäden und frühzeitige Arthrose zu vermeiden.

