Zahnmedizin mit Herz und Weitblick im Interview mit Dr. Seiderer

Eine junge Zahnärztin berichtet über ihre Karriere - Dr. Katharina Seiderer

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Dr. Katharina Seiderer

Der Weg in die Zahnmedizin

Schon als Kind wusste sie, dass sie etwas mit „Schönheit“ machen wollte. Dass die Zahnmedizin dabei ihre berufliche Heimat werden würde, war eher ein Zufall. Allergien machten eine Karriere in der klassischen Beauty-Branche unmöglich, und so entschied sie sich für ein Studium der Zahnmedizin an der LMU München – eine Entscheidung, die sich als Glücksgriff herausstellte.

Ich wollte immer Menschen verschönern. Dass ich letztlich in der Zahnmedizin gelandet bin, war eher Glück – aber es hat sich als die richtige Wahl erwiesen.

Dr. Katharina Seiderer

In den ersten Jahren des Studiums lag der Fokus auf zahntechnischen Arbeiten, um das Verständnis für Prothetik und Materialien zu vertiefen. Erst später folgte der klinische Abschnitt mit der Behandlung von Patienten unter Anleitung. Diese praxisnahe Ausbildung bot ihr die Möglichkeit, mit wertvoller Erfahrung ins Berufsleben zu starten. Nach dem Examen sammelte sie erste Berufserfahrungen in einer kleineren Praxis, bevor sie 2021 an den Ammersee wechselte. Dort ist sie seitdem als Zahnärztin im MVZ tätig, unterbrochen von einem Sabbatical im Jahr 2024. Seitdem arbeitet sie zusätzlich in einer oralchirurgischen Praxis in Teilzeit.

Humanitäre Arbeit in Afrika

Der Wunsch, Zahnmedizin auch international anzuwenden, führte sie nach Matema (Tansania), wo sie während ihres Sabbaticals Zahnmedizinstudenten aus Vilnius betreute. Die Arbeit in einem Krankenhaus war eine Herausforderung: Mangelnde Aufklärung zur Mundhygiene führte dazu, dass oft schon sechsjährige Kinder bleibende Zähne extrahiert bekommen mussten. Besonders schockierend war eine Behandlung eines dreijährigen Mädchens, das unter Vollnarkose mit Chloroform gesetzt wurde – eine für sie und ihr Team erschütternde Erfahrung.

Wir waren alle schockiert, als der Narkosearzt ein Tuch mit Chloroform tränkte und dem Kind auf Mund und Nase drückte. In diesem Moment wurde uns bewusst, wie groß die Unterschiede in der medizinischen Versorgung weltweit sind.

Dr. Katharina Seiderer

Diese Zeit hat ihren Blick auf die Zahnmedizin nachhaltig geprägt. Sie möchte sich weiterhin in internationalen Projekten engagieren, idealerweise mit einem Fokus auf die Ausbildung lokaler Zahnmediziner, um langfristig bessere Versorgungsstrukturen zu schaffen.

Fachliche Schwerpunkte und moderne Technologien

In ihrer aktuellen Arbeit ist sie breit aufgestellt: von konservierender Zahnheilkunde über Prothetik bis hin zu chirurgischen Eingriffen. Besonders faszinierend findet sie den technologischen Fortschritt in der Zahnmedizin. Der Einsatz des Cerec-Systems, das die Herstellung von Kronen und Brücken an nur einem Tag ermöglicht, ist für sie eine bedeutende Entwicklung. Digitale Verfahren wie Intraoralscanner und 3D-Druck haben die Zahnmedizin revolutioniert und sorgen für präzisere Diagnosen und effizientere Behandlungen.

Eine große Herausforderung sieht sie in der steigenden Kostenbelastung für Patienten. Während innovative Technologien Behandlungen verbessern, werden viele Maßnahmen von den Krankenkassen nicht ausreichend erstattet. Dadurch sind immer mehr Menschen auf private Zuzahlungen angewiesen, was nicht jeder finanzieren kann.

Fortbildungen und interdisziplinärer Austausch

Ihre eigene Weiterbildung liegt ihr am Herzen: Sie absolvierte ein Curriculum in Implantologie sowie Endodontie und möchte sich kontinuierlich weiterentwickeln. Junge Zahnärzte ermutigt sie, verschiedene Fachbereiche auszuprobieren, um ihre Interessen zu finden. Zudem betont sie die Bedeutung des interdisziplinären Austauschs mit anderen Fachrichtungen wie Physiotherapie, Neurologie oder HNO-Heilkunde.

Manchmal liegt die Ursache eines Zahnschmerzes nicht am Zahn selbst, sondern am Nerv, der ihn versorgt. Dann ist der Austausch mit einem Neurologen essenziell.

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Viele Beschwerden, wie Kopfschmerzen oder Nackenverspannungen, haben ihren Ursprung im Kiefer und erfordern eine ganzheitliche Betrachtung.

Zukunftsvisionen und Ratschläge für Nachwuchsmediziner

Die Zukunft der Zahnmedizin sieht sie in der Weiterentwicklung digitaler Technologien und innovativer Behandlungsmethoden. Besonders spannend ist für sie die Frage, welche Fortschritte 3D-Druck und computergestützte Diagnostik in den nächsten Jahren bringen werden.

Jungen Kollegen rät sie vor allem eines: Geduld. Die Assistenzzeit ist herausfordernd, und es gibt immer wieder Momente der Selbstzweifel. Doch mit Durchhaltevermögen findet jeder seinen Weg. Oder, wie ihr Vater sagt:

„Lehrjahre sind keine Herrenjahre.“

Mit dieser Einstellung bleibt sie neugierig auf das, was die Zukunft bringt – für ihre Patienten, die Zahnmedizin und ihren eigenen beruflichen Werdegang.

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