Krafttraining für Athletinnen: Evidenzbasierte Ansätze

Warum Athletinnen vom gleichen Krafttraining profitieren – und was hormonelle Unterschiede wirklich bedeuten

3 Minuten Lesezeit

Krafttraining steigert sportartspezifische Leistungsfähigkeit und beugt Verletzungen vor. Obwohl sich Muskelmasse und absolute Kraft in der Pubertät zwischen den Geschlechtern unterschiedlich entwickeln, ist das relative Potenzial nach der Adoleszenz vergleichbar. Entscheidend: Training systematisch planen – nicht über Geschlechter-Dogmen diskutieren.

Muskelphysiologie & Leistungsfähigkeit

Männer haben im Schnitt mehr Typ-II-Fasern (Explosivität), Frauen tendenziell mehr Typ-I-Fasern (Ermüdungsresistenz). Relativ zum Körpergewicht passen sich beide ähnlich an Krafttraining an. In vielen Sportarten beeinflusst das Leistungsniveau die Faserverteilung stärker als das Geschlecht. Befunde aus Leistungsdiagnostik: Bein-Maximalkraft relativ ähnlich; Unterschiede v. a. in Explosivkraft und Oberkörperkraft.

Hormonelle Einflüsse

Der Testosteronanstieg in der Pubertät erklärt einen Teil der Unterschiede. Wichtiger als die Hormonmenge ist das Zusammenspiel der Hormone. Bei Frauen begünstigen Östrogen (frühe Zyklushälfte) und ein kleiner Testosteronpeak um den Eisprung ein anaboles Milieu; Progesteron wirkt später eher hemmend. Dennoch bleibt die Proteinsynthese über den Zyklus hinweg weitgehend konstant – ausschlaggebend sind mechanische Reize, Satellitenzellen-Aktivierung und lokale Wachstumsfaktoren.

Timing über die Entwicklung

 

Da Mädchen biologisch im Schnitt ~2 Jahre voraus sind und strukturiertes Krafttraining oft erst mit ~13 startet, wird eine hochreaktive Phase teils verpasst. Früher Beginn fördert langfristig Hypertrophie, Knochenmasse und Robustheit – damit auch Prävention.

Universelle Prinzipien > Geschlecht

Neuromuskuläre Anpassungen (Rekrutierung, Feuerungsrate motorischer Einheiten) verlaufen bei identischer relativer Belastung ähnlich. Für die Planung zählen Ziele, Ausgangsniveau und Belastungsverträglichkeit – nicht das Geschlecht.

Zyklusgesteuertes Training: Status quo

Die Evidenz für starres, zyklusphasenbasiertes Krafttraining ist aktuell schwach. Hinweise auf Vorteile höherer Frequenz in der ersten Hälfte existieren, sind aber methodisch limitiert. Sinnvoll: den Zyklus zur Autoregulation nutzen (Leistungsgefühl, Schmerzen, PMS) statt rigider Schemata.

Hormonelle Kontrazeptiva

Kombinierte Präparate zeigen keine konsistenten Nachteile für Kraft oder Proteinsynthese. Sie können Beschwerden stabilisieren und Trainingskonstanz erhöhen. Die Wahl sollte individuell und gynäkologisch beraten erfolgen.

Ermüdung & Erholung

Frauen sind bei submaximalen Lasten oft ermüdungsresistenter; oberhalb >80 % 1RM nähern sich die Unterschiede an. Praktisch heißt das: häufig kürzere Pausen, gute Toleranz für Sätze nahe Muskelversagen und phasenweise höheres Serienvolumen – immer individuell steuern.

Handlungsempfehlungen

 

Fazit

Krafttraining wirkt geschlechtsunabhängig, wenn Intensität, Volumen und Kontinuität stimmen. Hormonelle Schwankungen beeinflussen vor allem die Trainingsbereitschaft, nicht grundlegend die Anpassbarkeit. Der Fokus liegt auf individueller Steuerung und konsistentem Training – so entfalten Athletinnen ihr volles Leistungs- und Gesundheits­potenzial.

 
 

Artikel teilen